Sie lieben sich, sind sich aber nicht einig: Anna will ein Kind, David (noch) nicht. In ihrem unterhaltsamen Debütroman „Löffelchenliebe“ nimmt Julia Kaufhold Sehnsüchte, Träume und die Suche nach Mr. Right ernst und zugleich ganz leicht.
Es funkt, als Anna und David sich zum ersten Mal sehen. Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?
Ja, unbedingt! Ich habe mich ehrlich gesagt noch nie in jemanden verliebt, den ich schon länger kannte. Allerdings hielt das nie mehr als ein paar Jahre. Und trotzdem, alles andere erschiene mir zu unromantisch.
Sind Sie generell eine Romantikerin?
Nicht in dem Sinn, dass Blütenblätter auf dem Bett liegen müssen. Aber ich glaube, dass mein Partner und ich füreinander bestimmt sind. Ein bisschen Schicksalsgläubigkeit ist dabei, und da fand ich es schon seltsam, dass mir damals vor dreieinhalb Jahren, als ich ihn kennenlernte, auch so ganz andere, nüchterne Fragen durch den Kopf gingen, eben ob wir auch Kinder zusammen haben wollen.
Hat Ihre biologische Uhr so laut getickt wie die von Anna?
Bei mir war es nicht so extrem wie bei ihr, ich habe beim Schreiben vieles zugespitzt. Grundsätzlich waren und sind Kinder auch ein Thema für mich, und irgendwann dachte ich wie Anna, dass die Zeit jetzt doch ein bisschen drängt.
Ist Ihr Roman autobiografisch?
Nein, aber es ist das eine oder andere von mir eingeflossen, meine Gefühle und auch einiges von dem, was ich gern mache. Anna ist zum Beispiel Reisejournalistin, weil ich selbst gern unterwegs bin.
Was hat Sie auf die Idee zu „Löffelchenliebe“ gebracht?
Ich wollte einen humorvollen Liebesroman schreiben, und dann hat mich unsere Paarkonstellation auf die Idee zu dieser Geschichte gebracht. Mein Partner ist fünf Jahre jünger als ich, und ich fragte mich, welche Probleme mit einem noch deutlich jüngeren Mann auftreten könnten. Deshalb ist David in dem Roman dann zehn Jahre jünger als Anna. Es ist die große Liebe. Aber sie will ein Kind und er nicht oder jedenfalls noch nicht. Sie ist Mitte 30, hat nicht mehr so sehr viel Zeit, und die Frage ist, wie sie damit umgeht. Ist der Kinderwunsch wichtiger als alles andere: Trennt sie sich von David, obwohl sie ihn liebt? Wäre der Kinderwunsch das entscheidende Kriterium für eine neue Partnerschaft? Das sind Fragen, die ja viele Frauen beschäftigen. Ich wollte einen leichten, unterhaltsamen Roman schreiben, der den Druck etwas aus diesem Thema nimmt.
Haben Sie eine Lieblingsfigur?
Der Großvater von David ist mir besonders ans Herz gewachsen. Dabei war er ursprünglich gar nicht als Figur eingeplant gewesen. Er lebt im Pflegeheim, weil er Alzheimer hat. Aber tatsächlich weiß man nicht so ganz, ob er wirklich dement ist oder manchmal nur so tut. Er ist ein bisschen schräg, ich mag ihn sehr.
Haben Sie die Geschichten um ihn, Anna und David zu Hause in Hamburg geschrieben?
Nur einen Teil. Ich hatte anfangs versucht, mich neben der Arbeit mit dem Roman zu befassen. Aber das war nicht sehr befriedigend, weil ich immer nur abends mal eine Stunde hatte. Ich habe mir dann vor einem Jahr eine Auszeit von vier Wochen genommen: Ich fuhr nach Cornwall, nach St Ives, einen Ort, den ich sehr liebe, um mich dort ganz auf das Schreiben konzentrieren zu können.
Ging das gut – so weit weg von allem und ganz allein?
Ja, es war großartig! Morgens ging ich als Erstes spazieren, am Strand, an den Klippen, ich habe die Natur genossen und mir den Wind um den Kopf wehen lassen. Dann saß ich immer an einem Fensterchen mit Ausblick auf eine kleine, klippenumrahmte Bucht, das war wunderschön, und habe geschrieben. Nachmittags, auch das war für mich ein schönes Ritual, gab es Cornish Cream Tea: Scones, Erdbeermarmelade und Tee.
Warum haben Sie Cornwall gewählt?
Für mich ist die Landschaft dort nicht weichgezeichnet. Ich mag vielmehr die Naturgewalten, und es gefällt mir, dass es am äußersten Ende von England liegt. Dahinter ist nur noch das Meer, und zwar ohne Unterbrechung bis nach Amerika. Das ist so ein Gefühl von End- und Anfangspunkt für mich: Hier beginnt etwas Neues.
Sie schrieben in Cornwall über die Sehnsucht nach einem Kind, während Sie selbst schwanger waren. Wie war es für Sie, als der Kleine dann da war?
Am Anfang nicht ganz so leicht, weil sich mein Leben komplett geändert hat. Das hatte ich unterschätzt. Ich bin freie Lektorin, habe viel gearbeitet, bin viel gereist, konnte am Wochenende ausschlafen und mich auf meine Partnerschaft konzentrieren – und mit einem Mal war alles ganz anders. Jetzt ist der Kleine ein halbes Jahr, und inzwischen finde ich es unglaublich schön mit ihm. Mein Partner ist wie ich als freier Lektor tätig, und er kann den Kleinen jetzt auch mal übernehmen, so dass ich hin und wieder für ein paar Stündchen arbeiten kann. Übrigens, während der Zeit in Cornwall habe ich die Musik einer Band entdeckt, die mir sehr gefällt: Radical Face. Kurioserweise lässt sich mein Sohn jetzt am besten durch Musik dieser Band beruhigen.
Das Interview führte Sabine Schmidt für Random House.